Immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigungen für Biogasanlage

Leitsatz:

‬Zur Verortung und Konkretisierung des Abstandsgebots der Seveso-III-RL bei der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung – hier für eine Biogasanlage.

‬OVG Lüneburg, Beschluss vom 30. August 2019 – 12 LA 134/19

‬(ZUR 2020, 103, beck-online)

‬Die Änderungsgenehmigung vom 9. März 2017 verletzt keine den Kläger schützende materiell-rechtliche Vorschrift.

‬1. Insbesondere ist ein Verstoß gegen das Abstandsgebot von Art. 13 Abs. 2 Seveso-III-Richtlinie nicht ersichtlich.

‬Nach Art. 13 Abs. 2 Seveso-III-Richtlinie haben die Mitgliedstaaten u. a. dafür zu sorgen, dass in ihrer Politik der Flächenausweisung oder Flächennutzung oder anderen einschlägigen Politiken sowie den Verfahren für die Durchführung dieser Politiken langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird, dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten, Erholungsgebieten und – soweit möglich – Hauptverkehrswegen andererseits ein angemessener Sicherheitsabstand gewahrt bleibt. Diese Regelung gilt nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 15. September 2011 – C-53/10 –, juris, zur gleichlautenden Vorgängerregelung in Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82) nicht nur für Planungen, sondern auch für Genehmigungen.

‬Das erkennende Gericht hat in seinen Eilbeschlüssen vom 7. November 2017 und 18. Juli 2018 – jeweils ohne Begründung – angenommen, dass das Einhalten eines angemessenen Abstandes zwischen der Biogasanlage der Beigeladenen und der Tierklinik des Klägers Voraussetzung für die Erteilung der streitbefangenen Genehmigung vom 9. März 2017 sei.

‬Hingegen hat das OVG Lüneburg in seinem Beschluss vom 10. Januar 2019 (12 ME 132/18) ausdrücklich offengelassen, in welchem Umfang bei einer Lage des Betriebsgrundstücks der Beigeladenen im Geltungsbereich eines (wirksamen) Bebauungsplans – wie hier nach Aktenlage (vgl. Teil 2 der BA 2; Bl. 11, 15 f. der BA 3) – überhaupt Raum für die Prüfung eines angemessenen Abstandes als materielle Genehmigungsvoraussetzung sei (vgl. dazu auch Nr. 4.3 der Arbeitshilfe der Fachkommission Städtebau der Bauministerkonferenz „Berücksichtigung des neuen nationalen Störfallrechts zur Umsetzung des Art. 13 Seveso-III-Richtlinie im baurechtlichen Genehmigungsverfahren in der Umgebung von Störfallbetrieben“, aktualisierte Fassung/beschlossen am 18. April 2018; vgl. auch Jarass, a. a. O., § 50, Rn.,6 und § 6, Rn. 31).

‬Diese Frage bedarf auch im Klageverfahren keiner abschließenden Klärung. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger bei Eintritt eines Störfalls im Betrieb der Anlage der Beigeladenen aufgrund eines zu geringen Abstandes einer unzumutbaren Gefahr ausgesetzt werden wird

(ZUR 2020, 103, beck-online)

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